
Im Alltag innehalten: Exerzitien sind dafür eine gute Übung.
Bild: iStockPhoto / Erik Khalitov
Exerzitien im Alltag
Gott will bei mir ankommen
Dazu hilft es, sich einzuüben mit allen Sinnen achtsam wahrzunehmen, wann, wo und auf welche Weise Gott sich in unser Leben schon eingemischt hat und es immer wieder tut. Am Beginn dieser Suchbewegung steht oft zuerst eine allgemeine Sehnsucht nach mehr Tiefe im Leben, unterwegs wächst eine intensive Beziehung zu Gott, die ihn immer mehr bei den Menschen ankommen lässt. Wie es gelingen kann, lernt man in „Alltagsexerzitien“, in klassischen geistlichen Übungen also, die die Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern (ELKB) vor allem während der Passionszeit in vielfältiger Form anbietet.
Eines der ältesten und traditionsreichen Angebote hält Sabine Schnurr bereit: Als Beauftragte für „Exerzitien im Alltag“ für den gesamten Kirchenkreis München und für Oberbayern veranstaltet die Münchnerin die klassischen geistlichen Übungen schon seit 20 Jahren. „Eine Geistliche Übung zur Achtsamkeit kann zum Beispiel darin bestehen, dem Ton einer Klangschale bis zu ihrem endgültigen Verklingen nachzulauschen und so zu einer aufmerksamen Stille zu finden“, erklärt Schnurr.
„Halt an, wo läufst du hin? Der Himmel ist in dir. Suchst du Gott anderswo, du fehlst ihn für und für.“
Angelus Silesius
Jedes Mal aufs Neue begeistert, wie gut die Übungen tun
Beate Minar aus Martinsried bei München zum Beispiel hat das bereits für sich herausgefunden. Die 37-jährige gebürtige Regensburgerin und dreifache Mutter, zurzeit Lehramtsstudentin auf dem zweiten Bildungsweg in München, hat schon oft bei Schnurrs Alltagsexerzitien mitgemacht - und ist jedes Mal wieder aufs Neue begeistert, wie gut ihr die Übungen tun.
„Beispielsweise habe ich eine bestimmte Art von Gebetsmeditation kennen gelernt, die ich vorher nicht kannte“, erzählt Minar: „Das Gebet findet dadurch statt, dass ich die beiden Worte ,bin da‘ denke, ausschließlich diese beiden Worte: Beim Einatmen denke ich ,bin‘ und beim Ausatmen denke ich ,da‘. Auf diese einfache Art und Weise kommt man innerlich ganz zur Ruhe und ist anschließend viel konzentrierter und empfänglicher für die Eindrücke der Umgebung oder für das eigene Gespräch mit Gott. Dieses ,Herzensgebet‘ habe ich vor ein paar Jahren in den Exerzitien bei Sabine Schnurr kennen gelernt“; ein Angebot, das sich übrigens an beide Konfessionen richtet, also ökumenisch ist.
Angebote für Alltagsexerzitien

Bild: istock/mozco - Montage Erzdiözese München und Freising
Seit dem Jahr 2000 gibt es sie bereits, die ökumenischen geistlichen Übungswege im Sinne von „Exerzitien im Alltag“ im Kirchenkreis München und Oberbayern unter Leitung von Sabine Schnurr. Die Beauftragte für „Exerzitien im Alltag“ hält damit eines der ältesten und traditionsreichsten Exerzitien-Angebote in Bayern bereit. „Über den eigenen Glauben nachdenken und sich mit anderen darüber austauschen zu können, spricht viele Menschen an“, so Schnurr. Rund 50 evangelische Gemeinden in und um München nutzten üblicherweise im Schnitt das angebotene Material, wofür Schnurr alle ein bis zwei Jahre neue Texte und Impulse zusammenstellt, um Kirchengemeinden anzuregen, eigene Übungswege in ihren Gemeinden anzubieten.
Material 2023: "Verbunden leben"
Unter katholischer Federführung wurde für das Jahr 2023 das Material für die Ökumenischen Exerzitien im Alltag ausgearbeitet. Der Titel lautet „Verbunden leben“. Mit täglichen Impulsen werden Sie durch die 4 Wochen in der Passions- und Fastenzeit geführt unter den Überschriften:
1. Woche: in Verbindung kommen
2. Woche: Unverbundenes wahrnehmen
3. Woche: sich freier binden
4. Woche: verbunden leben
Das Material des Klappaufstellers können Sie zum Preis von 5 Euro bestellen bei der Abteilung Spiritualität des Erzbischöflichen Ordinariats, Sekretariat Schrammerstrasse 3, 80333 München, Tel: 089-2137 4313,
E-Mail Die Online-Version steht Ihnen hier als Download zur Verfügung:
Broschüre "Verbunden leben" (mit Geleitwort, Einführung und den einzelnen Impulsen) als PDF
Die Materialien für die Gruppenbegleiter:innen stehen hier und auf www.spiritualitaet-leben.de als Download zur Verfügung.
Begleitunterlagen für die Exerzitien im Alltag als PDF
Begleitunterlagen für die Exerzitien im Alltag als Word-Dokument (zum Bearbeiten geeignet)
Einführungsveranstaltungen zu den Ökumenischen Exerzitien für die Begleiter:innen finden im Kolpinghotel München statt am:
14. Januar 2023, 10-14.30 Uhr
21. Januar 2023, 10-14.30 Uhr
Anmeldung bei der Abteilung Spiritualität des Erzbischöflichen Ordinariats, Tel: 089-2137 4313, E-Mail
Diese Ökumenischen Exerzitien werden übrigens auch in Leichter Sprache und als Hörfassung erscheinen. Letztere kann per Mail bei der Blindenseelsorge München oder telefonisch 089 /53 88 686-12 bestellt werden.
Flyer "Verbunden leben" als PDF
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die Beauftragte für Exerzitien im Alltag, Sabine Schnurr, E-Mail
"Halt an, wo läufst du hin"
Ganzjährig können Sie auch das Material aus dem Jahr 2021 verwenden.
„Halt an, wo läufst du hin? Der Himmel ist in dir.
Suchst du Gott anderswo, du fehlst ihn für und für.“
(Bildnachweis: Max Hunziker „Halt an, wo laufst du hin“, 1955 © Verlag am Eschbach, Eschbach, Rechtsnachfolge: Ursula Kunz, Zürich)
Der Titel bezieht sich auf einen Sinnspruch von Johannes Scheffler, bekannter als „Angelus Silesius“, der „Schlesische Bote“. „Angelus Silesius“ war ein von der Mystik geprägter Christenmensch des 17. Jahrhunderts, der in der evangelischen Kirche aufwuchs und später in der katholischen Kirche heimisch wurde. Unter dem Titel „Cherubinischer Wandersmann“ wurden seine gesammelten Aussprüche bekannt.
Mit seinem zeitlos gültigen, in unserer jetzigen Situation besonders aktuell wirkenden Satz lädt „Angelus Silesius“ uns ein, uns in unseren Abläufen unterbrechen zu lassen. Zugleich möchte er uns die von ihm selbst erfahrene Wahrheit weitergeben, wonach wir den Himmel nicht so sehr in unserem Tun und Treiben finden, sondern eher im Innehalten, im bewussten Stehenbleiben und Zur-Ruhe-Kommen - und dann vielleicht sogar in uns selbst.
Das Teilnahmeheft kann in Form eines gedruckten Spiralhefts im A5-Format über die Abteilung Spiritualität des Erzbischöflichen Ordinariats München, Schrammerstr. 3, 80333 München, E-Mail zum Preis von 5 € bestellt werden.
Download Formular zur Materialbestellung und Anmeldung für Vorbereitungskurse
Download Musterhandzettel für die Gemeinden
Unterlagen für Exerzitienbegleiter
Wir ermutigen Sie, zu diesen Exerzitien im Alltag auch Menschen mit Sehbehinderung oder Blindheit einzuladen. Das Teilnehmermaterial zu "Halt an, wo läufst du hin" ist als Tonaufnahme auf einer Audio-CD und DAISY-CD erhältlich. Diese CD per Mail bei der Blindenseelsorge München oder telefonisch 089 /53 88 686 -12 bestellt werden.
Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die Beauftragte für Exerzitien im Alltag, Sabine Schnurr, E-Mail

Seit 2014 bietet auch der Kirchenkreis Bayreuth gemeinsam mit dem Erzbistum Bamberg „Ökumenische Alltagsexerzitien“ an. Nach dem erfolgreichen Auftakt, bei dem rund 130 Gruppen in den Kirchengemeinden der Region das Buch und die CD zur Durchführung von Exerzitien nutzten, kommen die Alltagsexerzitien jährlich und auch online zum Einsatz. Bei den Alltagsexerzitien nehmen sich die Teilnehmenden - mit Hilfe der Impulse, Texte, Lieder und Bilder des Exerzitienheftes - täglich (ca. eine halbe Stunde) Zeit für Gebet und Betrachtung.
Unter dem diesjährigen Titel komm laden die fünf Wochen der Exerzitien im Jahr 2023 ein, sich mit diesem Thema zu beschäftigen:
1. Woche: Ankommen
2. Woche: Kommt und seht
3. Woche: Komm endlich!
4. Woche: Angekommen
5. Woche: Da kommt noch was!
Das Exerzitienbuch wird von einem ökumenischen Team erstellt. Bestellung des Heftes ist direkt beim Online-Shop des Gottesdienstinstitutes in Nürnberg möglich. Mit seinen Impulsen begleitet es die fünf Exerzitienwochen. Es wird in der Exerzitiengruppe gebraucht, eignet sich aber auch, wenn man die Exerzitien für sich, ohne Gruppe, machen möchte.
Nähere Informationen auf der Seite des Kirchenkreises Bayreuth
Der Fastenkalender nach dem Motto der Fastenaktion der evangelischen Kirche „Sieben Wochen ohne Verzagtheit“ enthält für jeden Tag mehrere Impulse. Man entscheidet selbst, welche und wie viele du davon man aufgreifen möchtest. Der Fastenkalender kann gerne weiter verteilt werden. Die Texte daraus dürfen jederzeit frei verwendet werden.
Sich täglich eine Auszeit gönnen, schöpferische Ruhe genießen, ein Bibelwort betrachten, beten: das sind Grundelemente von Exerzitien. Sie helfen, sich neu zu orientieren und das Suchen nach Gottes Spuren im eigenen Leben einzuüben.
Die ökumenischen Alltagsexerzitien online 2023 finden vom 27. Februar bis 2. April ebenfalls unter dem Titel "komm" statt.
Planen Sie 20 bis 30 Minuten am Tag für Ihre persönliche Besinnung ein.
Schauen Sie immer, was Ihnen gut tut! Machen Sie sich kein schlechtes Gewissen, wenn Sie keine Zeit für den Tagesimpuls gefunden haben. Es ist auch in Ordnung, wenn Sie bei einem Gedanken der Woche „hängen bleiben“.
Falls Sie sich persönlich begleiten lassen, tauschen Sie mit Ihrer persönlichen Begleiterin oder Ihrem persönlichen Begleiter die Erfahrungen der zurückliegenden Woche per E-Mail aus.
Von Aschermittwoch bis Karfreitag:
In der Fastenzeit den Fokus anders setzen, sich 5 Minuten mitten im Alltag nehmen und sich selbst und Gott bewusst wahrnehmen.
Pfarrerin Rebecca Scherf schickt montags, mittwochs und freitags Impulse auf das Smartphone. Anmeldung gerne über WhatsApp an: 01520 675 2522.
Gebetswand
Kurz Innehalten. Einen Gedanken fassen. Mit Gott reden. Ein Gebet mit anderen teilen und für andere mitbeten - das ist die Gebetszettelwand.
#Gebet #BitteDanke #Anteilnehmen
"Selbst entscheiden, wann ich mich damit auseinandersetze"
Attraktiv ist das vor allem für Menschen, die noch nie mit Exerzitien zu tun hatten und ganz in Ruhe und unverbindlich in das Thema hinein schnuppern wollen. Zum Beispiel Ulrike Langer aus der Gemeinde Obertheres im unterfränkischen Landkreis Haßberge. „Ich habe letztes Jahr bei den Online-Exerzitien mitgemacht, direkt als sie Premiere im Internet hatten“, erzählt die 52-Jährige. „Es war mir schon vorher ein Anliegen, mich einmal bewusster und intensiver mit Gott und meinem Glauben zu beschäftigen und in der Bibel zu lesen, aber ich habe es nie wirklich durchgezogen.“
Die neuartigen Online-Exerzitien boten Langer nun die ideale Gelegenheit, ihr Vorhaben endlich durchzuhalten. „Fünf Wochen lang bekam ich täglich einen Impuls zugemailt, mit dem ich mich auch auseinander gesetzt habe, denn am Ende der Woche stand der Austausch per E-Mail mit einem Begleiter aus dem Exerzitien-Team auf dem Programm“, erzählt Langer. Für sie war diese Form der Routine mit den täglich eintreffenden Impulsen und dem wöchentlich anstehenden Feedbackgespräch mit ihrem Begleiter genau der richtige Weg. „Wenn ich an etwas dranbleiben will, brauche ich immer ein wenig Druck von außen“, erzählt Langer augenzwinkernd. „Gleichzeitig konnte ich mir aber ja selbst aussuchen, wann ich mich mit den Impulsen auseinander setze, und ich habe es auch jeden Tag zu einer anderen Zeit gemacht.“
"Exerzitien sind eine ganz private Angelegenheit"
Es waren auch praktische Übungen dabei. Zum Beispiel: „Man setzt sich auf einen Stuhl, stellt die Füße auf den Boden und spürt seinem Körper ganz bewusst nach: den Füßen, wie ihre Sohlen Kontakt mit dem Fußboden haben, die Luft, die ein- und ausströmt, wenn man atmet und so weiter.“ Eine andere Übung bestand darin, „sein eigenes Leben in verschiedenen Farben und Linien aufzumalen“, erzählt Langer.
Auf alles hat sie sich voll und ganz einlassen können, gerade weil es anonym im stillen Kämmerlein passierte. „Ich finde, Exerzitien sind eine ganz private Angelegenheit. Und ich bin so ein Typ, ich muss viele Eindrücke und Gedanken erst einmal verarbeiten, bevor ich mich dazu äußere. Deshalb wäre es für mich keine Option gewesen, in eine Gruppe zu gehen. Und so war es eine wunderbare Zeit, in der viel mit mir passiert ist, mir vieles klar geworden ist und ich mich mir und Gott ein gutes Stück angenähert habe. Ich kann mir vorstellen, das noch einmal zu machen.“
22.12.2020
ELKB
Literaturtipp

SONNTAGSBLATT THEMA
Den Glauben weitergeben
Kleine Menschen – große Fragen. In diesem THEMA-Magazin dreht es sich um die jüngsten Gemeindemitglieder und deren Fragen rund um den Glauben. Lernen Sie, knifflige Kinderfragen kindgerecht zu beantworten.